Ob von Aschermittwoch bis Ostern oder einfach zwischendurch: Viele Menschen fasten aus religiösen oder gesundheitlichen Gründen für eine bestimmte Zeit im Jahr. Aber was sollte man beim Fasten eigentlich beachten? Wir haben der Ernährungswissenschaftlerin Julia Otte ein paar Fragen gestellt.
Was bringt Fasten dem Körper?
Fasten bringt in erster Linie eine Durchbrechung der eingefahrenen Gewohnheiten, da der Ernährungsalltag unterbrochen und auf feste Nahrung verzichtet wird. Dies kann zu einem Überdenken der Ernährungsgewohnheiten führen. Der Mythos von der Entgiftung und Entschlackung des Körpers durch Fasten ist allerdings wissenschaftlich nicht belegt. Laut einschlägigen Fachgesellschaften gibt es im Darm bzw. im ganzen Körper keine Schlacken. Denn der Organismus reinigt sich täglich selbst, indem Gifte wie zum Beispiel Alkohol über die Leber und Niere synthetisiert und „Abfallstoffe“ ausgeschieden werden.
Wer hat das Fasten eigentlich erfunden?
Der Internist Otto Buchinger hat das Heilfasten in Deutschland revolutioniert, indem er 1920 die erste Heilfasten-Klinik eröffnete. Nach eigener Aussage konnte er sein Rheumaleiden nach einer Fastenkur deutlich lindern. Diese Erfahrung brachte ihn dazu, eine Klinik, die sich auf Heilfasten spezialisierte, zu eröffnen. Heute umschreibt das „Fasten nach Buchinger“ eine Trinkkur auf Basis von Gemüsebrühe, Säften, Tees, Buttermilch und Wasser. Dem Körper werden täglich maximal 500 Kilokalorien zur Verfügung gestellt, denn der Organismus soll seine „innere Energie“ in Form von Fettreserven aktivieren.
Wie reagiert der Körper auf den Verzicht von Essen?
Der Körper reagiert, indem er seinen Energiestoffwechsel umstellt. Da die Energie nicht mehr von außen, in Form von Nahrung zugeführt wird, stellt sich der herkömmliche Stoffwechsel auf einen sogenannten „Hungerstoffwechsel“ um. Diese Umstellung kann beispielsweise Symptome wie Kopfschmerzen, verminderte Leistungsfähigkeit oder Müdigkeit auslösen. Die Entleerung des Darms am Anfang jeder Fastenkur löst außerdem eine Kette an Reaktionen im Organismus aus. Als Folge des sinkenden Blutzuckerspiegels verringert sich der Insulinspiegel. Dies führt zur vermehrten Ausschüttung der Hormone Glucagon und Adrenalin. Das euphorische Gefühl, von dem viele Fastende berichten, wird durch das Adrenalin hervorgerufen. Durch die vermehrte Ausschüttung des Hormons schützt sich der Körper vor dem Unwohlsein, welches aus dem Nahrungsverzicht resultiert.
Wie lange sollte man fasten?
Die typische Fastenkur umschließt meist fünf volle Fastentage. Je nach Organismus stellt sich der Stoffwechsel spätestens am zweiten Fastentag auf den Nahrungsverzicht ein. Für Anfänger eignen sich kürzere Perioden von drei Fastentagen. Fortgeschrittene verzichten in Extremfällen zwei bis vier Wochen auf feste Nahrung. Laien und Unerfahrenen ist von dieser extrem langen Dauer dringend abzuraten.
Kann man mit Fasten abnehmen?
Fasten sollte nicht als Crashdiät gesehen werden. Natürlich verliert man während des Fastens einige Kilos, jedoch ist nur ein geringer Teil dieses Verlustes der Fettmasse zuzuschreiben. Durch den Nahrungsverzicht fehlen dem Körper wichtige Nährstoffe, sodass er sich zum Beispiel an den in der Muskulatur vorhandenen Proteinen bedient. Dies führt zu einem Abbau der Muskelmasse. Die sinkende Anzeige der Waage resultiert außerdem aus der Entleerung des Magen-Darm-Traktes. Sobald dieser nach der Fastenkur wieder gefüllt ist, erreicht das Gewicht schnell wieder seinen Ausgangswert. Wer abnehmen will, muss seine Ernährung langfristig verbessern. Das Fasten kann dabei helfen, da es einen Impuls für die Neugestaltung des Essalltags gibt. Durch den völligen Verzicht können Mahlzeiten wieder mehr Achtsamkeit und Wertschätzung erhalten und werden dadurch bewusster eingenommen.
Wer sollte nicht fasten?
Einigen Personengruppen ist dringend vom Fasten abzuraten. Dazu zählen zum Beispiel chronisch Erkrankte, frisch Operierte, oder psychisch labile Personen. Auch Kinder, Schwangere und Stillende sollten nicht fasten, da sie einer gesteigerten Zufuhr an Nährstoffen bedürfen, welche durch Fasten nicht gewährleistet werden kann.
Kann man auf eigene Faust fasten, oder sollte man einen Arzt konsultieren?
Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, sich bei einem Arzt oder einem Ernährungsexperten über das Fasten zu informieren und mögliche Risiken auszuschließen. Eine Fastenkur muss weiterhin gut vorbereitet werden, es zählt nicht nur der Verzicht auf Nahrung, sondern auch eine intensive Vor- und Nachbereitung zum Beispiel durch vorherige Entlastungs- und anschließende Wiederaufbautage.