Gemüse ist mein Gemüse
Vor einigen Jahrzehnten galten Vegetarier als schrullige Kostverächter. Heute ist der bewusste Fleischverzicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Vegetarische Fast Food Restaurants, wunderbare Blogs und Kochbücher veganer Hochleistungssportler zeigen – hier geht es längst nicht mehr um Verzicht.
Es gibt Trends, die sind laut und knallig, feiern Erfolge und geraten in Vergessenheit. Und es gibt andere, die sich lange im Verborgenen halten, Jahre brauchen, um ihre Form zu finden und eine Gesellschaft schließlich dauerhaft verändern. Der Wunsch nach bewusster Ernährung, bei der Tiere und die Umwelt respektvoll behandelt werden, ist so ein Trend.
Menschen wie du und ich
Seit 2006 hat sich die Zahl der Vegetarier in Deutschland verdoppelt. Mehr als 60 Prozent können sich vorstellen weniger Fleisch zu essen. Die Zahlen stützen, was der aufmerksame Beobachter längst weiß: Bewusste Esser, bei denen Ethik und Nachhaltigkeit feste Zutaten sind, wohnen nicht länger in Kommunen und tragen Sandalen. Es sind die besten Freunde, die Eltern oder der Partner. Mit neuer Selbstverständlichkeit brutzeln beim Grillfest Tofuwürste neben Nackensteaks, Cafés bieten Soja Latte und Diskussionen über Massentierhaltung haben ihren Platz beim Sonntagsbrunch.
Genuss statt Verzicht
Wie weit der neue Lebenswandel geht, ist sehr unterschiedlich. Während bei den Vegetariern Fleisch und Fisch vom Speiseplan verschwinden, sind es bei Veganern alle tierischen Produkte. Dazwischen gibt es eine Vielzahl bunter Mischformen, wie die selten Fleisch essenden „Flexitarier“ oder die gelegentlich Fisch essenden „Pescetarier“. Sie alle teilen jedoch eine Gemeinsamkeit: Im Fokus steht nicht länger der Verzicht, sondern die Freude an der neuen, nachhaltigen Lebensweise.
Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. „La Veganista“ ist ganz vorne mit dabei. Die Berlinerin, Nicole Just, bietet mittlerweile vegane Kochkurse in der Hauptstadt, verfasst Koch- und Backbücher und bloggt sich durch die vegane Rezeptwelt. Wer immer noch zweifelt, ob Sojaschnitzel glücklich machen, sollte beim nächsten Hamburg Besuch das Restaurant „Season“ in der Innenstadt testen, das vegetarische Kost und Fast Food auf eine frische Art zusammenführt.
Nicole Just: „Hier geht es um veganes Leben und Essen. Und darum, dass vegan zu sein nicht bedeutet, aufgrund von Mangelerscheinungen umzukippen oder vor lauter Außenseitertum an Einsamkeit zu sterben.“
www.vegan-sein.de
Die Alternative für Selbstversorger: Das derzeit wohl meist gelesene vegane Kochbuch „Vegan for Fun“ von Extremsportler Attila Hildmann. Angesichts dieses sportlichen, gut gelaunten Hühnen müssen selbst Skeptiker anerkennen: Wer auf tierische Produkte verzichtet, fällt nicht automatisch vom Fleisch.